Stralsund: Unermüdlich brummt der Bagger, schaufelt vorsichtig schwarze Erde zwischen alten Mauern hervor. Auf der Baustelle am Apollonienmarkt 15 sind die Archäologen am Werk. Altertumsforscher mit einem Bagger? Diesen Beruf stellt man sich doch gemeinhin mit Spachtel, Pinsel und Samthandschuhen vor. „Wir versuchen schnell an die tiefliegende Mittelalterschicht zu kommen“, sagt Renate Samariter, Archäologin beim Landesamt für Kultur und Denkmalpflege, während der Bagger beiseite räumt, womit nach dem letzten Krieg Keller und Hof verfüllt wurden. Ihr Kollege Karl Rausch lässt dennoch keine Baggerschaufel ungeprüft an sich vorbei. Mit einem Metalldetektor untersucht er den Aushub nach alten Schätzen. Der Bagger nähert sich der begehrten Mittelalterschicht. Unter schwerem schwarzen Boden liegt eine graue Schicht. „Da, Spuren eines Spaten“, erläutert Renate Samariter dem ungeübten Beobachter. „Die Stralsunder haben sich einst im Hof hinter dem Haus ihr Gemüse selbst gezogen.“ Wenn jetzt der Metalldetektor anschlägt, entsteht sofort Spannung. Tatsächlich werden die Schatzgräber fündig. Die Archäologin putzt etwas ab, dass wie ein schwarzer Knopf aussieht. Eine kleine Kupfermünze von 1776 zu drei Pfennig kommt unter dem Dreck zum Vorschein. Auch die mittelalterliche Gewandschnalle verrät erst nach dem Putzen, dass sie aus Messing besteht. Inzwischen kommt der Spaten zum Einsatz. Keramikscherben werden am Fuß der einstigen Treppe zum Hof gefunden. „Vielleicht lässt sich da etwas zusammensetzen“, will die Altertumsforscherin, den Fund später überprüfen. Nur so viel ist schon zu erkennen: „Vermutlich Steinzeug aus dem Rheinland.“ Eine Hoffnung keimt: „Vielleicht finden wir auf dem einstigen Hof auch noch die Latrine.“ Der Inhalt solcher Abfallgruben lässt die Archäologen wie in einem Buch in der Geschichte der Hansestadt lesen. Bei den Ausgrabungen auf dem Gelände des Rathausplatzes sind dabei vor zwei Jahren so gut erhaltene Fundstücke zu Tage gefördert worden, dass die Stralsunder sie derzeit in einer Ausstellung im Johanniskloster bewundern können. Doch die Hoffnungen werden enttäuscht. Die Latrine finden Archäologen nicht mehr. Die Ausgrabung, finanziert vom Bauherren, Fleischermeister Karlheinz Zahlmann, der hier das künftige Stammhaus seines Unternehmens errichtet, reicht nur soweit, wie sich die Baustelle des künftigen Wohn- und Geschäftshauses erstreckt. „Die Abfallgrube wurde praktischerweise an entferntester Stelle vom Wohnhaus eingerichtet“, weiß Renate Samariter. „Da kommen wir jetzt nicht mehr hin.“ Dennoch freut sie sich noch über den Fund eines Pilgerzeichens, das vermutlich aus Köln stammt und die Heilige Ursula zeigt. So rundet sich das Bild nach zwei Wochen Grabung ab. „Die ältesten Teile der Kellermauern stammen aus dem 14. Jahrhundert, die Funde vom Hof aus der Zeit zwischen 1280 und 1320“, sagt Renate Samariter und vermutet, dass die ältesten Hausbewohner am heutigen Apollonienmarkt 15 keine Handwerker, aber sehr religiöse Menschen waren. JÖRG MATTERN
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Mittwoch, 8. Juli 2009
Archäologen auf den Spuren der alten Stralsunder
Bevor auf Stralsunds historischem Boden gebaut wird, müssen die Archäologen ran. In den letzten Tagen geschah das am Apollonienmarkt.
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